Anlässlich des 60. Geburtstags unseres Chefs und Einstein-Verehrers, Herrn Gerhard Peter Moosleitner, dachten wir uns ein Stück mit obigem Titel aus. Einstein (dargestellt von Peter Ripota) geht zu seiner Psychiaterin (dargestellt von Manon Baukhage) und erzählt ihr seine Probleme. Vorhang auf:
Frau Mitscherlich ruft „der nächste, bitte!“, Musik: Liebesleid. Einstein schlurft mit Geige unterm Arm und dem Buch „Relativitätstheorie verständlich“ unter dem anderen Arm herein, steht nur so herum. Mitscherlich muss ihn bitten, abzulegen. Einstein legt Buch hin, weigert sich aber, die Geige abzulegen. Er setzt sich auf die Couch, Mitscherlich fordert ihn auf, sich hinzulegen, was er umständlich tut.
Mitscherlich: Na, welche Probleme haben wir denn?
Einstein: (erstaunt): Wieso ‚wir‘, sind wir verheiratet?
Mitscherlich: Nein, ich meine, welche Probleme haben Sie denn?
Einstein: Ja, ich bin so vergesslich.
Mitscherlich: Was haben Sie denn vergessen?
Einstein: Warum ich zu Ihnen gekommen bin, Frau, äh –
Mitscherlich: Mitscherlich
Einstein: Den Namen kenn‘ ich doch? Haben Sie nicht mal was geschrieben über die Unwirtschaftlichkeit der Städte?
Mitscherlich: (Wütend): Neinneinnein, das war mein Mann! Alle zitieren immer nur meinen Mann! Ich bin auch jemand.
Einstein: Ach, jetzt weiß ich wieder, was mein Problem ist: Meine Frau behauptet, sie hätte meine Theorie erfunden.
Mitscherlich: Welche Theorie?
Einstein: Na die verallgemeinerte Geodäten-Gravitationsfeldtheorie nichtlinear bewegter Körper.
Mitscherlich: Wie bitte?
Einstein: Also (richtet sich auf): Wenn Sie hier sind und da ein Schwarzes Loch, das zerstört die Raumzeit- Struktur so sehr, dass sogar Sie jetzt durchschlüpfen können. Soll ich’s Ihnen zeigen?
Einstein nimmt eine Postkarte und schneidet so trickreich ein Loch in sie, dass er die Karte Frau Mitscherlich überstülpen kann, während diese sich ständig Notizen macht. Ab jetzt bleibt Einstein stehen.
Mitscherlich: Sagten Sie vorhin Schwarzes Loch? Aha! Jetzt haben wir Ihr Problem. Sie leiden unter einer perinatalen, präfokussierten Sexualdeviation, die infolge einer zeitlich verzögerten Fötalentwicklung zu einem vorgezogenen Ödipuskomplex führte, welcher Sie daran hinderte, in jungen Jahren –
Einstein: Wovon reden Sie?
Mitscherlich: Von dem Ding, was Ihnen da runterhängt.
Einstein: Was? Welches Ding?
Mitscherlich: Na, Ihre Geige! Warum schleppen Sie denn das Ding da immer mit sich herum? Weil Sie Ihr eigenes Dingsda, weil Sie mit Ihrem eigenen Ding, wie soll ich sagen ..
Einstein: (unterbricht sie): Jetzt weiß ich, was mein Problem ist: Ich suche die Weltformel.
Mitscherlich: Und wo haben Sie die verloren?
Einstein: Ich habe sie noch gar nicht gefunden.
Mitscherlich: Weltformel, Weltformel … ich glaube, ich habe das was für Sie. (Wühlt in ihrer Handtasche, zieht einen Zettel heraus und reicht ihn ihm). Hier ist sie.
Einstein: (Betrachtet andächtig den zerknitterten Zettel und murmelt vor sich hin) Die Weltformel! Nichthermitsche sechsdimensionale schiefsymmetrische Tensoren – Welt-Selektor- Gleichung – Cartansche Geometrie … Wo haben Sie denn die her?
Mitscherlich: Die stand auf dem Beipackzettel meiner Hautcreme. Aber sie löst sich bei Lichteinstrahlung wieder auf.
Einstein: Mein Gott, die Buchstaben verschwinden, das ist doch …. ich kann sie nicht mehr lesen … was soll ich denn tun! (Sinkt erschüttert auf die Couch)
Mitscherlich: Ach lassen Sie doch den Kram. Sie müssen aus dem Milieu heraus, Sie brauchen einen neuen Beruf. Ich hätte da was für Sie. Schauen Sie, kennen Sie das? (reicht ihm ein P.M. mit ihm als Titelbild).
Einstein: Das bin doch ich! Was ist denn das für eine Zeitung?
Mitscherlich: Kennen Sie die nicht?
Einstein: Klar kenne ich die. Die habe ich als Jugendlicher gelesen. Das ist „Tarzan“.
Mitscherlich: Neinnein, das ist ein populärwissenschaftliches Magazin, vielmehr, pardon, ein interessantes Magazin. Die bringen oft Artikel über Sie.
Einstein: Und die Leser verstehen das?
Mitscherlich: Nein, wie sollen sie. Die Macher von PM verstehen ja selber nicht, worüber sie schreiben. Hier, schauen Sie. (Reicht ihm ein Heft mit Einstein als Titelbild.)
Einstein liest “ Wie kann sich ein Mensch etwas so Verrücktes ausdenken wie die Relativität?“
Einstein: Also ich bin nicht verrückt!
Mitscherlich: Das steht ja auch nicht drin. Lesen Sie doch richtig! Und urteilen Sie nicht gleich nach den ersten paar Zeilen.
Einstein: Na gut. (Einstein liest „Wo hat das Mädle denn die Rädle?“) Und das soll die Quintessenz meiner Theorie sein?
Mitscherlich: Sie haben aber auch ein Geschick, die Dinge aus dem Zusammenhang zu reißen. Kein Wunder, dass Ihre Frau –
Einstein (dem Weinen nahe:) Meine Frau hat mich nie verstanden. Niemand hat mich je verstanden. Darum spiele ich ja auch Geige, am liebsten Kreisler „Liebesleid“.
Mitscherlich: Das merke ich. Wissen Sie was, Sie brauchen eine Psychotherapie.
Einstein (liest den letzten Absatz:) „Und vielleicht wird eines Tages Einsteins Traum …“ etc. Hm, nicht schlecht. Vielleicht sollte ich dieses Magazin doch mal lesen. Vielleicht verstehe ich dann meine eigenen Theorien besser.
Mitscherlich: Na, sehen Sie!
Einstein: Nur dieses Portrait von mir, scheußlich, absolut scheußlich. Haben die denn keine besseren Bilder?
Mitscherlich: Also, da hätte ich einen Vorschlag. Sie sehen doch noch gut aus, und Ihr Typ ist gefragt. Werden Sie doch Fotomodell! Kommen Sie.
Hilft ihm auf, stellt ihn hin, sodass er aufrecht steht. Nimmt die Kamera, stellt sich vor ihn hin und ruft: „Brust raus!“ In dem Augenblick, da es blitzt, streckt er aber die Zunge raus. Sie betrachtet das Polaroidbild und sagt dann:
Mitscherlich: Also mit dem Bild machen Sie Schlagzeilen!
Einstein: Meinen Sie wirklich? Und was ist mit der Weltformel?
Mitscherlich: Ach lassen Sie doch die Sache mit der Weltformel und die blöde Geigerei. Hier (reicht ihm einen Zettel) ist die Adresse einer Modell-Agentur, da melden Sie sich. Und danach sind Sie Ihre komischen Komplexe los.
Einstein: Wenn Sie meinen .. Vielen Dank nochmal. Vielleicht sind die Großstädte doch nicht so unwirtschaftlich …
(Einstein mit eigenem Polaroid unterm Arm stolz ab zur Melodie von „Liebesleid“)