Tango und Sex

Was der Tango mit der Seele macht

Die Psychologin Cynthia Quiroga Murcia hat in ihrer Doktorarbeit an der Frankfurter Universität herausgefunden, was Tangotänzer und -tänzerinnen schon lange wissen: Tango verringert Stress und hebt den Testosteronspiegel. 
Während das mit Stress verbundene Hormon Cortisol beim Tanzen abnimmt, schüttet der Körper beider Partner in erhöhtem Maß das Sexualhormon Testosteron aus. Murcia entnahm 22 Paaren vor und nach dem Tanzen Speichelproben, in denen sie die Hormonkonzentration ermittelte. Zusätzlich bat sie die Tänzerinnen und Tänzer um eine Einschätzung ihrer Emotionen mithilfe eines standardisierten Testbogens.
„Ich bin selbst Tango-Tänzerin und als Kolumbianerin, die seit vier Jahren in Deutschland lebt, sehr überrascht, dass das Tanzen hier eine geringe Rolle in der Freizeitunterhaltung spielt“, sagt Quiroga Murcia über die Motivation zu ihrer Studie. Bei ihrem Doktorvater Stephan Bongard stieß die sie dabei sofort auf Interesse. Zusammen mit Professor Gunter Kreutz von der Universität Oldenburg hatte Bongard vor einigen Jahren in einer anderen Studie die emotionalen und hormonellen Effekte des Chorsingens ergründet, und zwar im Vergleich zum passiven Hören von Musik. „Die hormonellen Reaktionen können von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst werden“, erklärt Bongard, der mit Kreutz ebenfalls an der Tango-Studie beteiligt war. Zur hormonellen und emotionalen Reaktion auf das Tanzen gibt es bisher kaum wissenschaftliche Untersuchungen.
Um herauszufinden, ob die positiven psychobiologischen Effekte des Tango-Tanzens eher auf die Musik, die Bewegung oder die Berührung mit einem Partner zurückgehen, untersuchte Murcia die Faktoren getrennt und in verschiedenen Kombinationen. Es zeigte sich, dass die Reduktion des Stresshormons Cortisol vor allem der Musik zu verdanken ist, während die Ausschüttung von Testosteron auf den Kontakt und die Bewegung mit dem Partner zurückgeht. Treffen alle drei Faktoren zusammen, sind die positiven hormonellen und emotionalen Reaktionen am stärksten. Damit bestätigt sich die empirische Erkenntnis von Paartherapeuten, die Tango-Tanzen seit Neustem dazu einsetzen, verfahrene Beziehungen zu retten. Aber nicht minder oft bringt der Tango Paare auch auseinander – zumindest dann, wenn nur ein Partner Tango tanzt und sich der andere vor Eifersucht verzehrt.

Wollen Sie wissen, warum, wie Murcia bemerkt, Tanzen in Deutschland eine so geringe Rolle spielt? Da brauchen Sie nur den Worten eines gewissen Günter Netzer zu lauschen, der irgendwas mit Fußball zu tun hat. Mit gewissem Stolz behauptet er von sich:
„Wenn Damenwahl ist, suche ich meist die Toilette auf. Wenn ich in Situationen gerate, wo ich tanzen muss, bricht kalter Schweiß aus.“
Bei solchen Worten kann einem selber der kalte Schweiß ausbrechen. Hoffentlich bleibt dieser Mensch das nächste Mal dort, wohin er immer flüchtet, und lässt uns mit seinen Sprüchen in Ruhe. Und hoffentlich wird Deutschland irgendwann vernünftiger mit der Wahl seiner Vorbilder!